Foto: Opel

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Moderne Architektur, Mobilität und das Internet der Dinge gehören für Carlo Ratti zusammen. Der Leiter des Senseable City Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT) glaubt, dass die intelligente Vernetzung von Mobilitätsdiensten das Zusammenleben in Städten fundamental verbessern wird – und dass Autos bald nicht mehr unser Stadtbild prägen.

Ginge es nach Carlo Ratti, wäre die Architektur jeder Stadt lückenlos vernetzt und responsiv. Diesen Ansatz verfolgte Ratti bereits 2008, als er für die Weltausstellung im spanischen Saragossa einen digitalen Wasserpavillon entwarf. Die Wände, Eingänge und Ausgänge des Pavillons veränderten sich, je nachdem wie viele Menschen ihn benutzen. Das Time Magazine kürte das Design damals zu einer der besten Erfindungen des Jahres.

Ratti, der das Senseable City Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT) leitet, interessiert sich für Mobilität in jeder Form. In Seattle bat er 500 Personen, ihren Müll mit einem elektronischen Tag zu versehen. Dadurch konnte er 3000 Müllsäcke digital quer durch die USA verfolgen. „Wir sahen, wie Plastikflaschen durch das ganze Land reisten und schließlich ewig auf einer Müllkippe liegen blieben. Dieses neue Wissen über die ‚removal chain‘ bewegte einige Menschen dazu, keine Plastikflaschen mehr zu kaufen“, erzählt Ratti.

Der Architekt, Ingenieur und Designer stellt seine Arbeiten auf der Biennale in Venedig, im Designmuseum in Barcelona, dem Science Museum in London und im MoMA in New York aus. Was sie alle gemeinsam haben? Einen Fokus auf die menschliche Erfahrung in der Stadt der Zukunft. „Ich glaube nicht, dass eine Großstadt im Jahr 2050 sehr viel anders aussehen wird als heute. Aber durch Entwicklungen wie Mobility on Demand werden wir sie radikal anders erleben.“

In Bezug auf den Autoverkehr in Großstädten glaubt Ratti, dass die Digitalisierung von Mobilität vor allem zu mehr Lebensqualität führt. Gemeinsam mit Audi maß Senseable City Lab in 30 US-amerikanischen Städten per Lügendetektor das Stresslevel von Autofahrern. Doch Studien wie der Road Frustration Index könnten dank einer vernetzten Verkehrsinfrastruktur in Zukunft überflüssig werden, sagt Ratti. „Durch Sensoren am Fahrzeug und den Austausch von Echtzeitdaten, weiß jedes Auto immer wo das andere gerade ist. Ampeln werden überflüssig, Stau ist Vergangenheit.“

Und noch etwas ändere sich durch die bessere Vernetzung von Mobilitätsdiensten: das Stadtbild. Denn durch autonomes Fahren und Sharing-Systeme wird es nach seiner Überzeugung schon bald viel weniger Autos auf den Straßen geben. Durch die gemeinschaftliche Nutzung von Fahrzeugen in Großstädten werden laut Ratti nur noch 20 Prozent der heute vorhandenen Autos auf den Straßen unterwegs sein.

Der MIT-Professor stellt sich das dann so vor: „Ihr Auto bringt Sie morgens zur Arbeit und befördert dann ein anderes Familienmitglied oder jemanden aus ihrer Social-Media-Community. Es steht nicht mehr nutzlos auf dem Parkplatz rum, so wie es heute 95 Prozent der Autos in den USA tun. Städte wie New York, London und Paris könnten mit viel weniger Autos funktionieren“.