„Ich wünschte, ich wäre wieder in Singapur“, denke ich und schaue aus dem Fenster meiner Wohnung auf die geisterhaft leere Straße der Wiener Innenstadt. Die Sonne scheint so schön, sie macht die Ausgangsbeschränkung noch schmerzhafter. 

Seit die österreichische Regierung am Sonntag im Eilverfahren das „Corona-Gesetz“ verabschiedet hat, dürfen mein Freund und ich nur noch raus, falls wir jemandem helfen müssen oder um Lebensmittel und Medikamente zu besorgen. Die Restaurants und Cafés haben zu, wir kochen drei Mal am Tag selbst, manchmal stellt uns die Mutter meines Freundes Essen vor die Tür, aus Angst sich anzustecken, obwohl es uns gut geht. Ich mache morgens Yoga zuhause anstatt in meinem Studio, das zu hat, genauso wie alle Spiel-und Sportplätze. Würden wir auf einen dieser verbotenen Plätze gehen, drohte uns eine Geldstrafe bis zu 3600 Euro. Am Montag waren wir noch spazieren und haben uns auf dem menschenleeren Naschmarkt wie in einem Apokalypse-Film gefühlt. Ich hatte meinen Presseausweis dabei, falls uns die Polizei anhält. Sie ist unterwegs um „Versammlungen“ von über fünf Personen aufzulösen. Behörden dürfen „Zwangsmittel“ anwenden, die Miliz und Zivildiener helfen aus. Ob ich noch spazieren gehen darf, ohne verhaftet zu werden? Niemals hätte ich gedacht, dass ich mir als Europäerin diese Frage stellen würde. In einem autokratischen Staat vielleicht, aber doch nicht hier.

Museumsquartier Wien am ersten Tag des Lockdowns 16. März 2020
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