Dieser Beitrag erschien zuerst auf wired.de

Immer mehr Drohnen schwirren, filmen und kollidieren über Deutschland. Um Anarchie am Himmel zu vermeiden, will das Verkehrsministerium die Luftverkehrsordnung anpassen. Wie genau wird der Drohnenflug in Deutschland in Zukunft reguliert – und ist das überhaupt möglich? Darüber hat WIRED mit der IT-Anwältin Ramak Molavi gesprochen.

Ramak Molavi arbeitet als Anwältin zu den Themen IT-Recht, Games, Robotik, Social- und Mobile-Recht bei der Kanzlei iRights Law. WIRED hat mit ihr über Sinn und Unsinn der Drohnenregulierung gesprochen, die die Bundesregierung plant.

WIRED: Frau Molavi, was ist eine Drohne?
Ramak Molavi: Es gibt Drohnen, die Bomben abwerfen und zu den Kriegsrobotern gehören. Drohnen sind aber auch unbemannte Fluggeräte, zum Beispiel Quadkopter, die meist Bild und Ton aufnehmen oder mit anderer Sensorik ausgestattet sind. Diese können zu Freizeitzwecken geflogen werden oder zu gewerblichen Zwecken, etwa für Filmaufnahmen oder Paktelieferungen in ländliche Gebiete. Sie können auch sehr sinnvoll eingesetzt werden, etwa in Katastrophengebieten oder an schwer zugänglichen oder gefährlichen Orten, wie einer Ölplatform oder einem Kernkraftwerk um Messungen vorzunehmen oder Materialien abzuwerfen. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, die Drohnen werden technisch immer besser.

WIRED: Ist ein Modellflugzeug auch eine Drohne?
Molavi: Im Prinzip ist ein Modellflugzeug ein ganz anderes Gerät als eine Drohne, welche meist mit Sensoren oder Kamera ausgestattet ist. Es gelten allerdings für Drohnen, die bis zu 5 Kilo wiegen, die Bestimmungen für Modellflugzeuge, wenn sie nicht gewerblich genutzt werden. So schließt sich der Kreis. Ab fünf Kilo oder wenn das Fluggerät für gewerbliche Zwecke genutzt wird – zum Beispiel wenn Journalisten aus der Luft Fotos machen –, gelten wiederum die Regelungen für unbemannte Flugsysteme. Es kommt letztendlich auch auf die Nutzung an.

WIRED: Fliegen über Deutschland zu viele private Drohnen?
Molavi: Es werden auf jeden Fall immer mehr. In den nächsten fünf Jahren rechnet die Branche mit einer Vervierfachung der Verkaufszahlen von zivil genutzten Drohnen. Das liegt auch daran, dass sie immer günstiger werden. Eine Drohne bekommt man ab 300 Euro. Und es kommt zu immer mehr Zwischenfällen. Auch die gewerbliche Nutzung wird ausarten.

WIRED: Wie ist der zivile Drohnenflug in Deutschland derzeit reguliert?
Molavi: Über die private Nutzung haben wir eben gesprochen. Der gewerbliche Betrieb von zivilen Drohnen bedarf in Deutschland der Erlaubnis durch die zuständige Landesluftfahrtbehörde. Es gibt gemeinsame Grundsätze aller Bundesländer für die Erlaubniserteilung, aber die Erlaubnisse werden pro Land erteilt, was misslich ist, wenn die Drohnen Bundeslandgrenzen überfliegen, Landesgrenzen sowieso. Für Drohnen ohne Verbrennungsmotor mit einer Gesamtmasse bis zu 5 kg erhält man eine bis zu 2 jährige Allgemeinerlaubnis. Für den Aufstieg von Drohnen mit Verbrennungsmotor zwischen 5 und 25 kg wird eine Erlaubnis für den konkreten Einzelfall erteilt. Das liegt an ihrem höheren Gefahrenpotential. Keine Erlaubnis gibt es für Drohnen, die mehr als 25 Kg wiegen. Außerdem dürfen diese Geräte nicht außer Sichtweite fliegen, eine maximale Flughöhe von 100 Metern darf nicht überschritten werden. Dann gibt es noch Gebiete über die man nicht fliegen darf, zum Beispiel Menschenansammlungen, Krankenhäuser, Flughäfen, Gefängnisse oder Kraftwerke, die sogenannten No Fly Zones.

WIRED: Und was genau will das Verkehrsministerium ändern?
Molavi: Die neuen Regelungen weiten das, was bisher für gewerbliche Drohnen galt (siehe vorherige Antwort, Anm. d. Red.), auf private unbemannte Fluggeräte aus. Außerdem müssen alle Drohnen, private und gewerbliche, ab einem Gewicht von über 500 Gramm, registriert und gekennzeichnet werden, damit man weiß wem sie gehören. Eine sehr sinnvolle Regelung. Modellflieger-Fans besorgt vor allem die Flughöhenbeschränkung von 100 Metern, da sie meist höher fliegen. Wie erwähnt, gelten ja für private Drohnen die Regelungen wie für Modelflugzeuge. Wenn man die insgesamt ändert um private Drohnenflüge besser zu regulieren, so sind plötzlich auch Modelflugzeuge betroffen, die meist sogar sicherer fliegen bzw weniger gefährdend sind, wenn sie höher als 100 Meter über dem Boden fliegen.

WIRED: Wie stellen es sich Amazon, DHL und Co. angesichts dieser strikten Regulierung vor, mit ihren Lieferdrohnen über Deutschland zu fliegen?
Molavi: Hinter der gewerblichen Drohnennutzung steckt ein riesiges Wirtschaftspotenzial. Amazon und Co haben sicherlich in vielen Gesprächen ihre Interessen beim Verkehrsministerium platziert. Insbesondere kann ein Paket nicht per Drohne ausgeliefert werden, wenn die Drohne stets in Sichtweite fliegen müsste. Die Änderungen von Herrn Dobrindt werden den gewerblichen Drohnenflug liberalisieren. Der bislang geltenden strengeren Regeln für den gewerblichen Drohnenaufstieg werden wiederum auf die private Nutzung übertragen. Die Regulierung von Drohnen ist schwierig. Sie sind klein und fliegen weit oben, wo man sie nicht sieht.

WIRED: Dafür brauchen sie dann aber in Zukunft einen Drohnenführerschein.
Molavi: Ja, genau das ist für die gewerbliche Nutzung von Drohnen geplant. Manche Verbote werden aufgelockert, aber dafür macht man den Führerschein, um bessere Kontrolle über seine Drohne zu haben, wenn sie außer Sichtweite ist.
Ein Führerschein kann sinnvoll sein, damit zumindest der gewerbliche Drohnenflieger nicht nur die faktische Kontrolle über das oft nicht leicht zu fliegende (und zu haltende) Gerät erhält, sondern auch etwas über die maßgeblichen Rechte lernt, die man dabei verletzen kann. Dazu gehören Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte (etwas das Recht am eigenen Bild) oder der Datenschutz.

WIRED: Was halten Sie von Drohnenerkennungssystemen wie dem des deutschen Unternehmen Dedrone? Brauchen wir das?
Molavi: Generell gilt: Die Regulierung von Drohnen unter Abwägung aller Interessen ist schwierig. Eine gute Lösung kann eine technische wie ein Fangsystem sein. Noch besser wäre eine präventive technische Lösung wie eingebaute Security. Es wäre ein Fall von „Law by Design“: die Sicherheit wird bereits beim Bau des Geräts berücksichtigt und mitgedacht, zum Beispiel indem die No-Fly-Zone-Map bereits in der Software eingebaut ist, so dass die Drohne gar nicht erst in sie herein gerät, oder falls doch, sofort zur Landung gebracht wird.