Kategorie: Schweden

Eine Annahme unterscheidet Skandinavien und Deutschland

Als Kinder in Dänemark Mitte April zurück in die Grundschule und den Kindergarten kamen, durften sie ihre Freunde nicht umarmen. Zwei Meter Abstand zwischen den Tischen, alle zwei Stunden werden Hände gewaschen und Türgriffe desinfiziert, überall stehen Schilder, die daran erinnern, sich nicht zu nahe zu kommen. Der Unterricht findet in kleinen Gruppen und so oft wie möglich auch in Parks und auf Spielplätzen statt. Viel Aufwand, aber dafür endlich wieder ein Stück Normalität, von dem viele deutsche Kinder und Eltern derzeit nur träumen können.

Bisher hatte die Bundesregierung vor allem warme Worte für Familien übrig. Einen einheitlichen Plan für die Öffnung von Schulen und Kitas gibt es nicht, die Länder sollen sich ein Konzept überlegen. Es ist geplant, Schulen bis zu den Sommerferien langsam wieder zu öffnen, an qualitativem Fernunterricht mangelt es jedoch vielerorts. Eine Gruppe von Bildungsökonomen warnte nun, dass dies lebenslange finanzielle Nachteile für Deutschlands Kinder und die gesamte Wirtschaft haben wird.

In nordeuropäischen Ländern wie Dänemark, Norwegen oder Schweden waren Betreuungs- und Bildungseinrichtungen für die Kleinsten nie geschlossen oder wurden vorrangig wieder geöffnet. Ein Blick auf die Infektionszahlen zeigt, dass ein breites Wiederaufflackern der Epidemie in Dänemark beispielsweise bislang ausgeblieben ist, in Schweden sind vor allem Menschen in Altersheimen infiziert. Zeigt dies, dass von Kindern keine große Ansteckungsgefahr ausgeht? Und könnte Deutschland davon lernen?

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Schwedens Sonderweg im Faktencheck

Die Zahl der Corona-Toten in Schweden ist hoch, das Land hat wenige Intensivbetten, aber trotz laxer Corona-Regeln wachsen die Fallzahlen nicht exponentiell – über Corona-Vorbild Schweden kursieren zurzeit viele Annahmen. Doch stimmen sie? Der große WELT-Check.

Während die Menschen in Deutschland seit Wochen mit strengen Einschränkungen leben, scheint in Schweden das Leben fast normal weiterzugehen, trotz weltweiter Covid-19-Pandemie. Viele fragen sich, wie das möglich ist – und blicken teils neidvoll auf das vermeintliche Corona-Vorzeigeland.

Was ist der schwedische Sonderweg?

Schweden hat sich im Gegensatz zu vielen anderen Ländern und seinen nordischen Nachbarn gegen Lockdown und Quarantäne entschieden. Schulen bis zur Oberstufe, Geschäfte, Restaurants und sogar die Grenzen sind geöffnet, die Straßen belebt und das öffentliche Leben kaum eingeschränkt. Die Bevölkerung ist jedoch dazu aufgerufen, Hände zu waschen, Abstand zu halten, Reisen zu vermeiden und von zu Hause aus zu arbeiten.

Damit ähneln die Maßnahmen den deutschen, in Schweden ist ihre Einhaltung jedoch freiwillig. Ein paar Verbote gibt es: Versammlungen von mehr als 50 Personen und Besuche im Altenheim sind untersagt. Hochschulen sind geschlossen, und Schüler ab der Oberstufe lernen zu Hause.

Ziel der Regierung und des einflussreichen Staatsepidemiologen Anders Tegnell ist eine Herdenimmunität, auch wenn dies nicht so genannt wird. Gleichzeitig sollen Risikogruppen geschützt werden. Dies gelingt jedoch nicht so gut wie erhofft: Jedes dritte Altenheim in der am stärksten betroffenen Region Stockholm verzeichnet mittlerweile Corona-Fälle.

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„Was hier passiert, ist ein Hochrisiko-Experiment“

Schweden hält an seinem Sonderweg fest – kein Lockdown, kaum Zwangsmaßnahmen. Aber im Land gibt es auch Virologen, die laut vor einer drohenden Katastrophe warnen. Und nun sorgt der Corona-Tod eines bekannten TV-Moderators bei vielen Menschen für Nervosität.

chweden verzichtet in der Corona-Krise unbeirrt auf einen Lockdown. Schulen bis zur Oberstufe, viele Restaurants und Cafés bleiben trotz hoher Todesrate geöffnet. Die Zahl der Neuinfektionen sank nach dem Osterwochenende, und Staatsepidemiologe Anders Tegnell fühlt sich in seinem Sonderkurs bestätigt. Eine Gruppe angesehener Wissenschaftler kritisiert ihn dennoch stark und fordert die Regierung zum Lockdown auf. Wer hat recht?

„Schweden macht alles falsch“, sagt Bo Lundbäck, Professor für die Epidemiologie von Lungenkrankheiten an der Universität Göteborg im Gespräch mit WELT. „Was hier passiert, ist ein Hochrisikoexperiment“, so auch Virologie-Professorin Cecilia Söderberg-Nauclér in einem offenen Brief an die Regierung, den beide Wissenschaftler gemeinsam mit 20 ihrer Kollegen am Dienstag veröffentlichten. Darin fordern sie die Regierung zu „schnellen und radikalen Maßnahmen“ auf.

Während in Deutschland darum gerungen wird, wann Schulen, Kitas, Geschäfte und Restaurants wieder öffnen können, verzichtet Schweden in der Corona-Krise trotz steigender Todesfälle auf einen Lockdown. Restaurants und Cafés sind weiterhin gut besucht, Kitas und Schulen bis zur Oberstufe geöffnet. Und die Rechnung des stets zuversichtlichen Epidemiologen Anders Tegnell, auf den sich die Strategie der Regierung bisher wesentlich stützt, scheint aufzugehen: Zuletzt fiel die Zahl der Neuinfektionen leicht ab.

Trotzdem fordert die Forschergruppe die Regierung auf, Schulen und Restaurants sofort zu schließen, Beschäftigte im Gesundheitswesen massenhaft zu testen und Familien im Falle einer bestätigten Infektion unter Quarantäne zu stellen. Ist der schwedische Weg nun ein gefährliches Experiment an Menschen oder ein Erfolgsmodell?

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„Es herrscht ein naives Gefühl der Unbesiegbarkeit“

Schwedens entspannte Corona-Politik ist in Europa einzigartig. Noch ist Ruhe im Land, auch weil die Schweden traditionell staatsgläubig sind. Aber jeden Tag rudert die Regierung ein wenig zurück – und warnt vor vielen Toten. Hat sie wertvolle Zeit verloren?

Paul Castillo wartet ruhig und besonnen auf den Sturm. „Uns wurde gesagt, dass wir ab nächster Woche mit Überlastungen rechnen müssen.“ Castillo ist Arzt auf der Kinder-Intensivstation der Karolinska-Klinik, Stockholms bekanntestem Krankenhaus. Am Mittwoch wurde er umgeschult für die Erwachsenenstation, seine Schicht dauert nun zwölf statt acht Stunden.

„Unsere Betten sind bereits zu 90 Prozent belegt, und es fehlt uns an Krankenschwestern und Ausrüstung. Ich hoffe, dass wir hier keine italienischen Zustände erleben“, sagt Castillo. Gleichzeitig betont der junge Arzt immer wieder, wie sehr er der Regierung, die in Europa und Skandinavien einen beispiellosen Sonderweg im Corona-Management geht, vertraut. „Natürlich weiß ich nicht, ob Schweden alles richtig macht, aber es ist nicht konstruktiv, Expertenmeinungen anzuzweifeln.“

Schweden sieht heute im Vergleich zu seinen nordischen Nachbarn und dem Rest der EU immer noch so aus, als sei es von Corona weitestgehend verschont geblieben. Cafés und Restaurants sind zwar leerer, aber immer noch gut besucht. Schulen bis zur Oberstufe, Fitnessstudios und Schwimmbäder sind geöffnet. Anstatt auf Lockdown und Verbote zu setzen, appellierte die Regierung bisher an das Verantwortungsgefühl der Bürger.

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