Kategorie: Europa

Warum Österreich Schwangere impft und Deutschland nicht

Ich lebe in Wien, erwarte ein Kind und konnte mich ganz offiziell gegen Corona impfen lassen. Meine schwangere Freundin in Bayern musste es heimlich tun. Eine Gewissensentscheidung, die viele Frauen überfordert.

Mein Herz klopft, als ich der Ärztin im Impfzentrum meinen Fragebogen reiche. Sie schaut kurz drüber und legt ihn beiseite. Ich atme auf, denn bei der Frage, ob ich schwanger sei, habe ich »Ja« angekreuzt. In Deutschland wäre ich spätestens jetzt nach Hause geschickt worden. Bis auf Sachsen empfiehlt kein deutsches Bundesland Schwangeren eine Impfung. Ich habe zwar die deutsche Staatsbürgerschaft, lebe aber in Wien, und dort lasse ich mich während meiner Schwangerschaft gegen Covid-19 impfen.

Es ist der 10. Mai. Erst knapp zwei Wochen zuvor hat das Nationale Impfgremium in Österreich die Impfung für alle Frauen ab der 13. Schwangerschaftswoche empfohlen. Ich bekam sofort einen Termin – allerdings auch, weil ich eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse habe, die mich neben meiner Schwangerschaft zur Risikopatientin in Österreich macht. Die Nadel im Oberarm spüre ich kaum, dafür ein Gefühl der Erleichterung, dass mein ungeborenes Baby und ich nun vor einem schweren Covid-Verlauf geschützt sein werden.

Zwei Tage vor mir macht meine Schulfreundin Rita in der gleichen Situation eine komplett andere Erfahrung. Ihr vollständiger Name ist ein anderer, sie möchte ihn hier nicht lesen, da sie in ihrem Wohnort zahlreiche Impfgegner vermutet, die sie wohl für ihre Entscheidung verurteilen würden. Auch sie ist schwanger und möchte sich impfen lassen, das ist für sie aber nur schwer möglich – viereinhalb Stunden Autofahrt von Wien entfernt am Tegernsee in Bayern.

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Die Impfkluft, die China gezielt ausnutzt

Ein Mitarbeiter hält demonstrativ eine Schachtel mit dem Logo „Sinovac“ in die Kamera. Die Hand des Arztes, der die Spritze hält, zittert leicht. Dann steckt die Nadel neun Sekunden lang im Oberarm des indonesischen Präsidenten Joko Widodo. Hinter ihm prangt ein großes Banner mit der Aufschrift „Sicher und halal“.

Der Fernsehauftritt soll Vertrauen für den in China entwickelten Impfstoff schaffen, von dem unklar ist, wie zuverlässig er wirkt. Ganz Indonesien und zahlreiche andere Schwellenländer setzen auf CoronaVac der chinesischen Firma Sinovac – auch, weil sie keine andere Wahl haben.

Während in Europa und den USA das Massenimpfen begonnen hat, heißt es für ärmere Länder: ungewisses Abwarten. Die Versprechungen der Industrieländer, Impfstoffe gerecht zu verteilen, blieben bisher unerfüllt. Für viele Länder sind daher Impfstoffe aus Indien und China die einzige Hoffnung auf eine schnelle Immunisierung der Bevölkerung.

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Corona-Kontaktverfolgung: Menschen sind besser als Apps

In Deutschland soll im Kampf gegen Corona bald eine App eingesetzt werden. Doch Beispiele aus Asien, den USA und selbst Bayern zeigen: Technische Lösungen sind weniger entscheidend. Es kommt vor allem auf menschliche Kontaktverfolger an.

Wenn Lucia Abascal einen Corona-Verdachtsfall anruft, fragt sie zunächst, ob die Person genug zu essen und ein Zuhause hat. „In San Francisco gibt es viele Obdachlose. 14 Tage Quarantäne kann sich nicht jeder leisten“, sagt sie. Oft spricht die gebürtige Mexikanerin den ganzen Tag Spanisch, denn viele Infizierte sind Latinos. „Manche arbeiten noch, um ihre Großfamilien zu ernähren, andere glauben, das Virus mit Pflanzen bekämpfen zu können. Es gibt viele Fragen.“

Abascal ist Contact Tracerin, also Kontaktverfolgerin, und Ärztin. Sie arbeitet in San Francisco in einem Team von 40 Kollegen, das Ansteckungswege detektivisch nachverfolgt. Das Ziel ist, die Corona-Infektionsketten zu durchbrechen. Im Kampf gegen das Virus ist diese Arbeit zentral, auch Deutschland verfolgt Kontakte von Infizierten. Die Bundesregierung will dafür eine Corona-Warn-App einsetzen.

Doch Beispiele in Asien, Amerika und Europa zeigen, dass es im Kampf gegen Covid-19 in erster Linie weniger auf technische Lösungen ankommt. Sondern auf Menschen. Das Team in San Francisco setzt statt auf Apps auf das erprobte Telefongespräch. Selbst im fortschrittlichen Singapur arbeiten menschliche Kontaktverfolger, die rund um die Uhr am Telefon sitzen; die Regierungs-App gilt in der Covid-19-Bekämpfung als zweitrangig. Und in Deutschland gibt es in Bayern erste Teams, die telefonisch Ansteckungswege nachverfolgen.

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„Was hier passiert, ist ein Hochrisiko-Experiment“

Schweden hält an seinem Sonderweg fest – kein Lockdown, kaum Zwangsmaßnahmen. Aber im Land gibt es auch Virologen, die laut vor einer drohenden Katastrophe warnen. Und nun sorgt der Corona-Tod eines bekannten TV-Moderators bei vielen Menschen für Nervosität.

chweden verzichtet in der Corona-Krise unbeirrt auf einen Lockdown. Schulen bis zur Oberstufe, viele Restaurants und Cafés bleiben trotz hoher Todesrate geöffnet. Die Zahl der Neuinfektionen sank nach dem Osterwochenende, und Staatsepidemiologe Anders Tegnell fühlt sich in seinem Sonderkurs bestätigt. Eine Gruppe angesehener Wissenschaftler kritisiert ihn dennoch stark und fordert die Regierung zum Lockdown auf. Wer hat recht?

„Schweden macht alles falsch“, sagt Bo Lundbäck, Professor für die Epidemiologie von Lungenkrankheiten an der Universität Göteborg im Gespräch mit WELT. „Was hier passiert, ist ein Hochrisikoexperiment“, so auch Virologie-Professorin Cecilia Söderberg-Nauclér in einem offenen Brief an die Regierung, den beide Wissenschaftler gemeinsam mit 20 ihrer Kollegen am Dienstag veröffentlichten. Darin fordern sie die Regierung zu „schnellen und radikalen Maßnahmen“ auf.

Während in Deutschland darum gerungen wird, wann Schulen, Kitas, Geschäfte und Restaurants wieder öffnen können, verzichtet Schweden in der Corona-Krise trotz steigender Todesfälle auf einen Lockdown. Restaurants und Cafés sind weiterhin gut besucht, Kitas und Schulen bis zur Oberstufe geöffnet. Und die Rechnung des stets zuversichtlichen Epidemiologen Anders Tegnell, auf den sich die Strategie der Regierung bisher wesentlich stützt, scheint aufzugehen: Zuletzt fiel die Zahl der Neuinfektionen leicht ab.

Trotzdem fordert die Forschergruppe die Regierung auf, Schulen und Restaurants sofort zu schließen, Beschäftigte im Gesundheitswesen massenhaft zu testen und Familien im Falle einer bestätigten Infektion unter Quarantäne zu stellen. Ist der schwedische Weg nun ein gefährliches Experiment an Menschen oder ein Erfolgsmodell?

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„Es herrscht ein naives Gefühl der Unbesiegbarkeit“

Schwedens entspannte Corona-Politik ist in Europa einzigartig. Noch ist Ruhe im Land, auch weil die Schweden traditionell staatsgläubig sind. Aber jeden Tag rudert die Regierung ein wenig zurück – und warnt vor vielen Toten. Hat sie wertvolle Zeit verloren?

Paul Castillo wartet ruhig und besonnen auf den Sturm. „Uns wurde gesagt, dass wir ab nächster Woche mit Überlastungen rechnen müssen.“ Castillo ist Arzt auf der Kinder-Intensivstation der Karolinska-Klinik, Stockholms bekanntestem Krankenhaus. Am Mittwoch wurde er umgeschult für die Erwachsenenstation, seine Schicht dauert nun zwölf statt acht Stunden.

„Unsere Betten sind bereits zu 90 Prozent belegt, und es fehlt uns an Krankenschwestern und Ausrüstung. Ich hoffe, dass wir hier keine italienischen Zustände erleben“, sagt Castillo. Gleichzeitig betont der junge Arzt immer wieder, wie sehr er der Regierung, die in Europa und Skandinavien einen beispiellosen Sonderweg im Corona-Management geht, vertraut. „Natürlich weiß ich nicht, ob Schweden alles richtig macht, aber es ist nicht konstruktiv, Expertenmeinungen anzuzweifeln.“

Schweden sieht heute im Vergleich zu seinen nordischen Nachbarn und dem Rest der EU immer noch so aus, als sei es von Corona weitestgehend verschont geblieben. Cafés und Restaurants sind zwar leerer, aber immer noch gut besucht. Schulen bis zur Oberstufe, Fitnessstudios und Schwimmbäder sind geöffnet. Anstatt auf Lockdown und Verbote zu setzen, appellierte die Regierung bisher an das Verantwortungsgefühl der Bürger.

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