EDITION F ist eine neue digitale Business-Lifestyle-Plattform für Frauen. Wir trafen die beiden Gründerinnen im Kreuzberger Coworking-Space Betahaus.

EDITION F

Beauty, Fashion, Gossip. Produkte für Frauen mit pinkem Anstrich. Stereotype. Dieses Modell hat lange ausgedient. Das meinen zumindest Susann Hoffmann und Nora Wohlert, die Gründerinnen von EDITION F, einer neuen digitalen Business-Lifestyle-Plattform für Frauen. Ein Gespräch über die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe, Journalismus und darüber, warum integrierte Produkte die Zukunft sind.

Warum ist das wichtig? Die meisten Magazine für Frauen fokussieren sich auf Beauty, Lifestyle- und Familienthemen. Beruf und Karriere sind Männerthemen. EDITION F will das nun ändern.

  • EDITION F hat den Anspruch, die erste Anlaufstelle für Business-Themen aus weiblicher Perspektive zu werden.
  • EDITION F startet zunächst mit einem Online-Magazin und einer Community. Im Sommer kommen eine Jobbörse und ein Marktplatz dazu.
  • Frauen soll eine Plattform zur beruflichen Verwirklichung geboten werden – ohne Männer dabei auszuschließen.

Ihr nennt EDITION F Business-Lifestyle-Plattform. Wollt Magazin, Community, Jobbörse und Shop gleichzeitig sein. Ich komme nicht mit. Wie ist das zu verstehen?

Nora Wohlert: Wir glauben, dass Erfolg vor allem davon abhängt, ob Unternehmen die Interessen der Zielgruppe wahrnehmen. Nutzern zuhören. Das war unser Startpunkt. Was wollen Frauen wirklich? Zentrale Bedürfnisse, die wir gemeinsam identifiziert haben, sind: Vernetzung (Community), meinungsstarke Artikel und Expertenbeiträge (Magazin), berufliche Weiterentwicklung (Jobbörse) und ein schöner Lebensstil – auch im Job (Shop). Die meisten Frauen wollen zudem Männer nicht ausschließen und haben wenig Zeit. Eine ganzheitliche Anlaufstelle – online und mobil – war unser Ziel. Wir denken integriert, nicht in alten Fragmenten. Das Ergebnis ist EDITION F. Die Entwicklung wollen wir gemeinsam mit unseren Nutzern angehen.

Susann Hoffmann: Wir haben recht lean gestartet und bauen die Plattform nun kontinuierlich aus. Seit Mai sind wir mit dem Online-Magazin und der Basis der Community online. Im Spätsommer wird die Plattform um eine Jobbörse und einen Marktplatz für Business-Produkte ergänzt. Was dann in den kommenden Jahren folgt, wird eine Frage des Feedbacks und der Resonanz sein. Wenn man gründet, hilft es nicht, einen festen Plan zu haben. Für uns ist die Vision zentral. Wir wollen eine Art digitales Zuhause schaffen, einen Ort, an dem Frauen alles finden, was sie brauchen, um weiter zu kommen. Einen Ort, an dem auch Männer sich in Diskussionen einbringen können. Das steht für uns fest. Die Details werden allerdings mit der Zielgruppe gestaltet.

Plattform. Ist das noch Journalismus?

Nora WohlertNora Wohlert: Unbedingt. Journalismus muss sich wandeln. Vor allem online. Die Eins-zu-eins-Übertragung von Print nach Online hat ausgedient. Die direkte Interaktion mit dem Nutzer ist zentral, finden wir. Die Nahtlosigkeit der Medienkanäle. Die digitalen Möglichkeiten zu nutzen. Dies bedeutet nicht, dass die Qualität der Inhalte leiden sollte oder die Recherche vernachlässigt werden kann. Online ist anders als Print. Wir glauben trotzdem an Meinungsstücke. An Reportagen, Interviews. Der Snippet-Journalismus von Heftig.co, der nur noch auf die Geilheit der Überschrift und Katzen-Content abzielt, um den Kampf um die Klicks zu gewinnen, kann sich nachhaltig nicht durchsetzen. Das ist kein Journalismus aus unserer Sicht.

Zurück zu euren Inhalten. EDITION F behandelt Themen “aus weiblicher Perspektive“. Was bedeutet das?

Nora Wohlert: Wenn ich klassische Wirtschaftsmagazine lese, bin ich zwar an den Inhalten interessiert, fühle mich aber oft so, als sei eigentlich nicht ich gemeint. Durch die Sprache, die Aufmachung, die Beispiele oder Bilder. Online ist das genauso. Das wollten wir ändern. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns im Fokus mit Gender-Themen beschäftigen oder Männer bei uns nicht interviewt werden oder schreiben. Es geht um Nuancen. Andere Bilder, anderes Produkterlebnis, andere Perspektive. Der Horizont reicht von Wirtschaftsthemen über gesellschaftliche Debatten und Karrieretipps bis hin zu Business-Reisen und Stil. Die Klammer ist und bleibt alles, was unsere Nutzer beruflich beschäftigt.

Ihr sagt recht klar, dass ihr Frauen ansprecht. “Ihre Freunde” allerdings auch. Aber warum sollten Männer EDITION F nutzen?

Susann Hoffmann: Manchmal sind Männer die größeren Feministen. Das zeigen schon die ersten Wochen mit EDITION F. Männer kommentieren kontroverse Themen, wollen sich einbringen, schreiben ihre Positionen auf. Das finden wir gut. Debatten sind gesellschafts- und geschlechterübergreifend zu führen. Männer können von Frauen lernen. Frauen von Männern. Wir leben nicht in einer weiblichen Blase. Viele unserer Themen werden im privaten Kontext von Frauen und Männern diskutiert. Und: Männer können sich natürlich auch über EDITION F bewerben. Sie dürften sogar in unserem Shop einkaufen. Nicht nur für ihre Frau.

Edition F sitzt zurzeit mit zehn festen und freien Mitarbeitern im Betahaus in Berlin-Kreuzberg. Auf dem Bild sieht man die beiden Gründerinnen und Geschäftsführerinnen Nora Wohlert (o.l.) und Susann Hoffmann (o.r.), sowie Redaktionsleiterin Teresa Bücker (u.l.) und Sales & Marketing Managerin Kristy Hoffmann (u.r.).

Edition F sitzt zurzeit mit zehn festen und freien Mitarbeitern im Betahaus in Berlin-Kreuzberg. Auf dem Bild sieht man die beiden Gründerinnen und Geschäftsführerinnen Nora Wohlert (o.l.) und Susann Hoffmann (o.r.), sowie Redaktionsleiterin Teresa Bücker (u.l.) und Sales & Marketing Managerin Kristy Hoffmann (u.r.).

Lea-Sophie Cramer, Maria Spilka, Anna Bojic. Ihr porträtiert im Online-Magazin viele Gründerinnen. Was ist mit Frauen, die in klassischeren Berufen wie zum Beispiel in einer Bank arbeiten?

Nora Wohlert: Gründer inspirieren und persönliche Einblicke und ehrliche Erfahrungen zeigen oft mehr, als die neuesten Studienergebnisse oder der PR-Sprech aus der Corporate-Kommunikation. Wir wollen aber ganz klar breiter werden. Alle Persönlichkeiten, die eine starke Meinung vertreten oder Erfahrungen teilen wollen, finden wir spannend. Ganz klar auch Trainees im Bankwesen oder den Personalvorstand im Konzern. Grundsätzlich ist unsere Zielgruppe branchen- und altersübergreifend. Im nächsten Schritt setzen wir deshalb verstärkt auf den Ausbau unseres Expertennetzwerkes und von User-Generated Content.

Susann Hoffmann: Am Anfang lebt man noch stark von seinem eigenen Netzwerk. Wir kommen aus der Digitalwirtschaft, viele unserer Nutzer in der Betaphase auch. Jedoch setzen sich berufstätige Frauen, ob sie nun im digitalen Bereich oder in der Automobilindustrie oder Kommunikationsbranche arbeiten, oft mit ähnlichen Themen auseinander. EDITION F soll beides bieten: zum einen meinungsstarke Expertenbeiträge und Erfahrungen, zum anderen inspirierende Interviews und Reportagen. Manchmal traut man sich nicht, sich auf eine anspruchsvollere Stelle zu bewerben. Hier schlagen wir dann auch die Brücke zur Jobbörse.

Berufliche Weiterentwicklung klingt recht floskelhaft. Auch Jobbörsen gibt es schon tausendfach. Wieso brauche ich da noch euch?

Susann Hoffmann: Wie tickt das Unternehmen bei dem ich mich bewerbe? Mit wem arbeite ich zusammen? Wie sieht mein Arbeitsplatz aus? Worum geht Susann Hoffmannes bei dem Job tatsächlich? Was gibt es außer dem Geld noch? Fragen, die vor dem Vorstellungsgespräch meist unbeantwortet bleiben. Unsere Jobbörse will diese Fragen beantworten. Wir wollen Unternehmenskultur ein Stück weit erlebbar machen: mit Premium-Profilen – die echte Fotos zeigen, in die Video-Interviews eingebunden werden können, in die Unternehmen ihre Social-Media-Feeds einbinden können. Diese Antworten sind Bewerbern heute wichtig. Deshalb ist es wichtig als Unternehmen authentisch zu sein. Und das können sie bei uns.

Wird es auch Stellenanzeigen geben?

Susann Hoffmann: Ja. Den Markt für Stellenanzeigen wollen wir allerdings radikal ändern. Welche Qualifikationen sind wirklich zentral? Was erwartet Bewerber? Oft schreckt eine Stellenbeschreibung, in der nach zu vielen Qualifikationen gefragt wird, Frauen ab. Männer im übrigen auch, wie wir gelernt haben. Neueste Tests zeigen, dass der Anteil von weiblichen Bewerberinnen sich um 40 Prozent erhöht, wenn Unternehmen die Beschreibung individuell und authentisch formulieren. Hier setzen wir an. Wir hoffen stark, dass Unternehmen diesen Weg mit uns gehen.

Auch ihr seid mit der Gründung beruflich einen neuen Weg gegangen. Gemeinsam zu gründen ist immer ein großer Schritt. Woher kennt ihr euch?

Nora Wohlert: Susann und ich kennen uns privat seit sieben Jahren. 2013 haben wir zusammen bei dem Online-Magazin Gründerszene gearbeitet – Susann in der Kommunikation und ich als Redaktionsleiterin. Das hat gezeigt, dass wir nicht nur privat harmonieren. Den Schritt gemeinsam zu gründen, hat die gemeinsame Arbeit sehr bestärkt. Wir wussten was dem anderen wichtig ist, welche Arbeitsmentalität der andere hat, dass wir eine Vision teilen.

Aller Anfang ist schwer. Ihr macht bisher kaum Umsätze. Wie finanziert ihr EDITION F?

Susann Hoffmann: Wir setzen auf Native Advertising (als Werbung gekennzeichnet), Premium-Profile und Jobanzeigen, sowie Provisionen im Marktplatz. Klassische Banner schließen wir aus. Das hat einen einfachen Grund: Wir glauben, Werbung macht nur Sinn, wenn sie einen Mehrwert für den Nutzer hat. Dieser wird nicht durch ein blinkendes Statement geschaffen. Die Zukunft der Werbung ist die Geschichte, die Idee, welche die Marke transportieren will. Nur Unternehmen, die das verstehen, können der anspruchsvollen Zielgruppe nachhaltig im Kopf bleiben.

Nora Wohlert: Um auf deine Frage der Finanzierung noch weiter einzugehen. Wir haben im März eine Business-Angel-Runde abgeschlossen. Nun nehmen wir zusätzlich Geld in einem Convertible Loan auf.

Last but not least. EDITION F in einem Jahr?

Susann Hoffmann: Ein täglicher Begleiter für viele Frauen.

Bilder: Tobias Schwarz/Netzpiloten (CC BY 4.0)

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Netzpiloten.de